Uwe Timm
Alle seine Geister erzählt Uwe Timm in seinem letzten autobiografischen Buch herbei: seine Lehrjahren als Kürschner, die Kreativität und Präzision dieses ausgestorbenen Handwerks, die Alltagsmentalität der 50er Jahre, sein Wunsch zu schreiben, seine Leseexpeditionen in neue Welten und seine politische Bewusstwerdung - ein "Initiationsroman der Liebe, des Lesens, Arbeitens und Träumens".
Das Erforschen der Zeitgeschichte, vor allem des Übergangenen, das Fragen und Hinterfragen, die Vielfalt der Stimmen und unterschiedliche Perspektiven bestimmen das Erzählen vieler seiner Texte seit dem ersten Roman Heißer Sommer (1974).
Er erzählt spannend und auch witzig von der Studentenbewegung 1968, der Atmosphäre des revolutionären Aufbruchs, der Auseinandersetzung mit der Vätergeneration - 50 Jahre später erinnert er auch an uneingelöste politische Erwartungen. Immer führt Uwe Timms Erzählen auf gekonnt leichte Weise in die Tiefe und öffnet Möglichkeitsräume, spürt Verschwiegenes auf.
So thematisiert er in seinem grandiosen zweiten Roman Morenga lange vor der postkolonialen Aufmerksamkeit Verbindungen von kolonialen und nationalsozialistischen Verbrechen: als einer der Ersten schreibt er 1978 über den Genozid vor 120 Jahren an den Hereros und Namas im heutigen Namibia – ein Wegbereiter der Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte. Uwe Timm zeigt, wie man Überzeugungen vertreten kann, ohne Gewissheiten zu vertrauen. Das Gespräch mit Uwe Timm wird noch andere Wege durch die Welt seiner Texte zeigen.
Uwe Timm, geb. 1940 ist einer der bedeutendsten Gegenwartsautoren, Mitglied mehrerer Akademien, in mehr als 20 Sprachen übersetzt und hat zahlreiche/unzählige Preise erhalten.