Doktormutter Faust
"Faust" gilt als Klassiker unter den Klassikern. Veröffentlicht vor mehr als 200 Jahren, stellt sich die Frage, was wäre Faust für eine Figur in unserer Gegenwart? Was ist es noch, was die Welt im Innersten zusammenhält? Fatma Aydemir, Autorin der erfolgreichen Romane "Ellbogen" und "Dschinns", hat für das Schauspiel Essen den traditionsreichen Stoff neu bearbeitet und nimmt uns mit ihren Figuren mit ins Heute.
Dr. Faust ist keine allseits angesehene Gelehrte mehr. In einer wissenschaftsfeindlichen Gesellschaft wird sie zur Verschwörerin erklärt und denunziert, von ihren Studierenden gefeiert für ihre feministischen Positionen gegen einen reaktionären Staat. Am Tiefpunkt ihrer Sinnkrise als Ewigforschende trifft Dr. Faust auf Mephisto, der*die Faust den höchsten Genuss verspricht und im Gegenzug ihre Seele fordert. Der Pakt ist geschlossen. Faust verliebt sich in ihren deutlich jüngeren Doktoranden, der ein großer Bewunderer von Fausts Lehre ist, sich Fausts Verführung aber nur widerwillig fügt.
"Doktormutter Faust" ist eine faustische Kritik am Personenkult emanzipatorischer Bewegungen und eine Warnung vor der teuflischen Herrschaft des Populismus. – Vor dem Hintergrund, dass, wenn etwas real wahrgenommen wird, es in seinen Konsequenzen real ist, wird in Aydemirs Text die Frage "Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?" zu "Nun sag, wie hast du’s mit dem Konsens?" Denn: "Ob es Gott gibt, wissen wir nicht, aber es hat Konsequenzen, wenn wir das glauben." (Andreas Reckwitz)
Selen Kara und Fatma Aydemir verbindet eine langjährige Zusammenarbeit. Nach der erfolgreichen Inszenierung des Romans "Ellbogen" war Selen Kara mit der Uraufführung von "Dschinns" am Nationaltheater Mannheim 2023 zum Radikal jung Festival eingeladen.
Mit der Uraufführung "Doktormutter Faust" von Fatma Aydemir haben Selen Kara und Christina Zintl im September 2023 ihre gemeinsame Intendanz gestartet. Das Stück entstand als Auftragswerk und ist eine feministische Überschreibung des berühmten Klassikers von Johann Wolfgang von Goethe.
Gefördert von der Sparkasse Essen aus Mitteln der Lotterie "PS-Sparen und Gewinnen".
Besetzung
"In größter Lässigkeit handeln sie da die Identitäts- und Machtdiskurse der Gegenwart ab, die alle tief im Faust-Drama stecken – in aller Uneindeutigkeit." - Nachtkritik
"Ziemlich lässig werden an diesem Abend Macht- und Identitätsfragen der Gegenwart abgehandelt. Mit leichter Hand legt 'Doktormutter Faust' die Absurdität der Diskurse frei. Oft muss man da laut lachen." - Deutschlandfunk Kultur heute
Hinweise zur Inszenierung
In der Inszenierung "Doktormutter Faust" wird punktuell über die Erfahrung von sexualisiertem Übergriff gesprochen. Es wird außerdem punktuell explizite Sprache im Zusammenhang mit sexueller Belästigung verwendet.