Henriette Nagel in Was ihr wollt auf der Bühne

Bühnenreif

Wie wird man eigentlich Schauspieler*in? Henriette Nagel und Jawad Rajpoot aus dem Ensemble erzählen von ihren Anfängen.
"Ich habe damals gar nicht richtig verstanden, dass das überhaupt ein Beruf sein könnte."

Henriette, wolltest du schon immer Schauspielerin werden?
Henriette Nagel: Nein, das war eher Zufall. Als Kind wollte ich eigentlich Gärtnerin werden oder Goldschmiedin, aber ein Mädchen aus meiner Schulklasse war bei einer Schauspielagentur und aus Neugier habe ich mich auch bei einer beworben. Mit 14 wurde ich für den Film "Freche Mädchen" gecastet und habe die Rolle der "Kati" bekommen. Anscheinend, weil ich lustig weinen konnte bei den Probeaufnahmen.

Wie ging es danach weiter?
Während der Schulferien habe ich in den folgenden Jahren immer mal wieder Filme gedreht, aber Schauspielerin wollte ich immer noch nicht werden. Ich habe damals gar nicht richtig verstanden, dass das überhaupt ein Beruf sein könnte. Nach dem Abitur habe ich dann angefangen, Französisch und Literaturwissenschaften zu studieren. Bis ich das erste Mal auf einer Theaterbühne stand.

Henriette Nagel (c) Joseph Ruben

Du hast schließlich an der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig studiert. War die Ausbildung so, wie du dir das gewünscht hast?
Ich habe mir das vorher schon alles magisch vorgestellt und mich dann tatsächlich wie in Hogwarts gefühlt. Stundenlang Theater spielen, dazu Ballett und Fechten und Singen und Trommeln: Es war unfassbar, den ganzen Tag Dinge zu tun, die so viel Spaß machen.

Was würdest du denjenigen empfehlen, die davon träumen, auch Schauspieler*in zu werden?
Mir hat es geholfen, in einer Theatergruppe erste Erfahrungen zu sammeln und auszuloten, ob das wirklich etwas für mich sein könnte. Viele Theater haben Jugendclubs. Und dann gibt es in Deutschland viele gute staatliche Schauspielschulen, das Studium dort kostet kaum etwas, also empfehle ich jedem, der Schauspieler*in werden will, sich dort zu bewerben. Dort kann man sich in einem geschützten Rahmen ausprobieren und danach gucken, ob man sich am Theater oder beim Film wohler fühlt.

Henriette Nagel, Jahrgang 1992, ist aktuell zu sehen in "Was ihr wollt", "Der Besuch der alten Dame", "Bilder von uns", "Der Kaufmann von Venedig", "Animal Farm", "Alles ist aus, aber wir haben ja uns (Unterwasser)" und "Hänsel & Gretel: A Sweet Escape"

 

"Erst jetzt merke ich, was Schauspiel eigentlich ist."
Jawad Rajpoot (c) Manuela Pickart

Jawad, wolltest du schon immer Schauspieler werden?
Jawad Rajpoot: Mich hat das schon gereizt, ich bin eine Rampensau, aber um eine Ausbildung in dem Bereich habe ich mich nie groß bemüht. Es ist einfach passiert. Und zwar übers Tanzen.

Übers Tanzen?
Ich habe lange Breakdance getanzt. Ich war ein wildes Kind, das Austoben hat mir gutgetan. Mit 15 habe ich schon Kinderkurse gegeben, stand auf Bühnen und vor der Kamera, zum Beispiel bei Drehs für Musikvideos. Irgendwann habe ich mich bei einem Casting gemeldet, das über Facebook ausgeschrieben war. Die haben einen orientalisch aussehenden Typen aus München gesucht, der breakdancen kann. So kam ich zum Film.

Deine erste Rolle hattest du in "Zwei Sturköpfe im Dreivierteltakt" mit Uwe Ochsenknecht und Herbert Knaup.
Das war ein großes Glück und eine große Ehre. Ich habe im Anschluss weitere kleine Rollen bekommen, zum Beispiel in "Jugend ohne Gott" und "Fuck Ju Göhte 3" – bis Christian Stückl, der Intendant des Münchner Volkstheaters, bei meiner Agentur angerufen hat und wissen wollte, ob ich noch am gleichen Tag zur Leseprobe kommen kann. Und es hat gepasst. Ich habe also wieder viel Glück gehabt.

Vom Tanz zum Film auf die Theaterbühne: Hattest du je Zweifel bei diesen großen Sprüngen?
Natürlich! Erst jetzt merke ich, was Schauspiel eigentlich ist. Jeden Tag lerne ich wahnsinnig viel über Sprache, wie man an einen Text herangeht, wie man eine Rolle ausbaut. Mit jeder Vorstellung entdecke ich Neues, dass ich dann gleich beim nächsten Mal auf der Bühne ausprobieren kann.

Im Oktober 2023 hattest du deine erste Premiere mit "Was ihr wollt". Kannst du dich noch an diese erste Vorstellung erinnern?
Das war wirklich krass. Ich hatte zwar Bühnenerfahrung durch den Tanz, aber so aufgeregt war ich in meinem ganzen Leben noch nicht. Das war ein Erlebnis weit jenseits meiner Komfortzone.

Was würdest du denjenigen empfehlen, die davon träumen, auch Schauspieler*in zu werden?
Einfach machen! Egal, wo man herkommt und wie man aussieht: Man sollte immer mit dem Herzen dabei sein, sich von außen nicht irritieren lassen und sich unbedingt seine kindliche Energie bewahren.

Jawad Rajpoot, Jahrgang 1995, ist aktuell zu sehen in „Was ihr wollt“ und „In den Gärten oder Lysistrata 2“.