"Es ist wie eine kleine Utopie"
Datum
Interview: Tobias Obermeier
Wie laufen die Vorbereitungen?
MARKUS: Die laufen sehr gut. Im Grunde genommen ist das Programm fertig. Jetzt geht es an die Koordination und Vorproduktion.
MICHA: Es geht um's Verträge machen, darum, welche Band welche Sachen braucht, wer wie lange bleibt. Und was für Kollaborationen es neben den Konzerten noch geben kann.
Die Alien Disko stand finanziell mehrmals auf wackeligen Beinen. Wie sah es dieses Jahr aus?
MICHA: Die letzten Jahre bekamen wir vom Musikfonds einen relativ großen Betrag. Auf den hofften wir auch dieses Jahr. Den bekamen wir nicht, weil dieses Jahr überwiegend ländliche Regionen unterstützt wurden. Dafür haben wir vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt München einen Betrag bekommen. Aber es hat wieder nicht gereicht. Deswegen haben wir ein Crowdfunding gemacht.
Habt ihr im Vorfeld schon damit gerechnet, dass das Geld nicht reichen wird?
MARKUS: Es ist eine Lotterie, die jedes Jahr aufs Neue losgeht. Es gibt keine Planungssicherheit. Man schreibt in den Antrag immer wieder rein, warum das Festival relevant ist. Beim Antrag müsste man eigentlich schon wissen, welche Bands spielen. Aber du kannst niemanden einladen, wenn du nicht weißt, wie viel Geld du hast. Es dreht sich alles die ganze Zeit im Kreis. Deswegen haben wir dieses Jahr gesagt, wir machen ein Crowdfunding. Es haben sehr viele gespendet. Aber es hat trotzdem noch die Hälfte gefehlt. Und dann haben wir gesagt, wir verdienen uns das Geld einfach selbst. Wir nehmen keine Hilfe mehr in Anspruch.
MICHA: Wir hätten auch gar nicht gewusst, wo wir noch fragen sollen. Wir haben alles versucht.
Und dann habt ihr drei Konzerte gespielt?
MICHA: Ja, alles ohne Kosten. Wir sind mit unseren Privatautos zu den Clubs gefahren und haben uns zu dritt hingestellt und gespielt. Die Tickets haben wir relativ teuer verkauft. Die Leute wussten, dass wir das nur für die Alien Disko machen.
In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung zur Alien Disko sagte eine Sprecherin des Kulturreferats, dass eigentlich Projekte gefördert werden, die nicht-kommerziell und teilhabe-orientiert seien. Bei der Alien Disko mit einem Festivalpass von 95 Euro sei das zu diskutieren. Was sagt ihr dazu?
MARKUS: Das ist so hart gegenüber allen Veranstaltern, die viel Geld und Zeit reinstecken, um in dieser Stadt Konzerte zu ermöglichen. Dann wird nur gefördert, was quasi kostenlos ist.
Wir wollen ein internationales Festival veranstalten.
Ihr verdient mit der Alien Disko auch kein Geld.
MICHA: Es geht gar nicht auf, was die gesagt haben. Wir wollen ein internationales Festival veranstalten. Damit wir die Künstler überhaupt einfliegen lassen können, müssen wir so hohe Eintrittspreise verlangen. Wir würden gerne Tickets für Geringverdiener anbieten. Das ist das größte Bestreben von uns. Aber wir haben keine Möglichkeiten. Deswegen hat mich der Satz richtig geschockt.
Was ist bei dieser Ausgabe der Alien Disko geboten?
MARKUS: Es gibt ein paar sehr exklusive Sachen. Martin Gretschmann, der als Acid Pauli sehr erfolgreich auf der ganzen Welt als DJ unterwegs ist, tritt mit seiner alten Band Console auf.
MICHA: Wir beide treten mit dem Projekt 13 & God auf. Das ist eine Kollaboration mit dem Hip-Hop-Duo Themselves aus San Francisco. Mit denen haben wir zwei Platten aufgenommen und gemeinsam waren wir viel auf Tour.
MARKUS: Es kommt Yuko Ikema, eine japanische Musikerin, die noch nie in Europa war. Mit der spielen wir auch ein bisschen. Sie ist großartig. Das Gleiche gilt für die südkoreanische Musikerin Minhwi Lee. Sie war schon ewig nicht mehr in Europa und in München sowieso nicht. The Cosmic Tones Research Trio waren auch noch nie in Europa. Das ist ein amerikanisches Jazz Trio. Und die Meridian Brothers aus Kolumbien haben wir seit der ersten Alien Disko versucht zu buchen, weil sie so gut reinpassen und wir riesige Fans sind. Dieses Jahr sind sie auf Tour und es hat geklappt.
Es ist kein Festival mit Stars, die ankommen, auf der Bühne ihr Set spielen, und wieder verschwinden.
Wie würdet ihr die Atmosphäre der Alien Disko beschreiben?
MARKUS: Es ist kein Festival mit Stars, die ankommen, auf der Bühne ihr Set spielen, und wieder verschwinden. Im Grunde ist es wie eine kleine Utopie von interessanten Leuten, die Sachen anders machen. Es geht um die Konversation zwischen dem Publikum und den Bands. Alle sind mittendrin. Es gibt keine Grenzen.
Wobei der Austausch das Wichtigste ist?
MICHA: Vor allem unter den Künstlern. Da entstehen so viele neue Verbindungen und Projekte. Es geht darum, Leute zusammenzubringen.
Was ist sonst noch geboten?
MARKUS: Im Café Mari gibt es die Glitzerbox-Ausstellung, die am Dienstag anfängt. Das sind Freunde von uns, mit denen wir Platten gemacht haben, bei denen Künstler ein Buch mit Siebdruck-Kunst gestalteten, dem ein Tape oder eine LP beigelegt wurde. Am Donnerstag legt in der Favoritbar ein Mitglied der japanischen Band popo auf. Am Samstag um 16 Uhr gibt es im Optimal Record Store zwei Auftritte von Künstlern, die auch auf der Alien Disko spielen.
MICHA: Und danach gibt es die Parade, die vom Optimal zum Volkstheater geht.
Und da wäre auch noch der Sound Clash, richtig?
MICHA: Meistens ist es so, dass es nach Konzerten DJs gibt, die auflegen. Bei uns nicht. Hier spielen vier Bands abwechselnd immer ein Stück im Kreis. Das waren bisher immer sehr besondere Abende. Weil einfach Künstler zusammenspielten, die nie zusammenspielen würden. In Besetzungen, die für ihre Musik untypisch wären.
Das Team besteht nicht nur aus euch zweien. Wer steckt noch dahinter?
MARKUS: Da sind noch Tobi Frank (Produktion), Markus Grassl, Sebastian Kempf, Haruka Yoshizawa (Booking, Planung, Artist Care), Myriam Roshat (Flüge, Reiseplanungen, Artist Care), Philipp Groß (Finanzplanung & Anträge), Martin Schulze (Technik), Bernd Hofmann (Artwork, Siebdruckplakate & Merchandise), Daniela Schroll (Produktionsleitung) und Konstantin Weidenbach (Technik). Aber eigentlich machen am Ende dann alle alles.
MICHA: Das Schöne ist: Jeder weiß, um was es geht. Jetzt wo wir das schon zum zweiten Mal in der Form im Volkstheater machen, merkt man, dass viele Sachen selbstständiger laufen. Die Kommunikation und die ganze Abwicklung ist wirklich super.
Die Alien Disko #6 findet am 6. und 7. Dezember im Münchner Volkstheater statt.