"Mut, neue Dinge zu wagen"
Datum
Interview: Svenja Plannerer
Was sind eure Lieblingsmomente in "PANDORA'S HEART"?
Friederike Brendler: Wenn Sandy und Pandora in der Bar abhängen.
Maret Zeino-Mahmalat: Ich glaube, wenn Sandy Pandora das Herz rausreißt.
Anna Schill: Mein Lieblingsmoment ist, wenn Sandy böse wird.
Normalerweise ist Pandora ja eher für ihre Box bekannt, als Bringerin des Unheils. Euer Stück heißt jetzt "PANDORA'S HEART". Wie kam es dazu?
Anna: Unser Arbeitstitel war erst schon "Pandora's Box", aber so wie wir Pandora dann aus dem Mythos in die Geschichte gesetzt haben, wurde dann sozusagen Pandoras "Heart" zur "Box". Das aber auch nicht unheilbringend: Es dreht sich alles um das Herz, das geknackt wird.
Ihr habt das Stück in Gießen und in Berlin im SchwuZ aufgeführt, richtig?
Friederike: Genau. Die Premiere war im Mai 2023 in Gießen, dann haben wir dem SchwuZ geschrieben. Dort wurden wir für drei Shows eingeladen. Für das Gastspiel haben wir das Stück ein wenig adaptiert. Diese Version ist der, die wir bei "Radikal jung" zeigen werden, sehr ähnlich.
Warum habt ihr noch etwas am Stück verändert?
Friederike: Die erste Version ist in einem Safe Space für unser Uni-Publikum entstanden. Es war aufregend zu sehen, wie das in einem Club-Kontext funktioniert. Wir waren total erleichtert, dass es da so gut hingepasst hat. Jetzt bringt der Theater-Kontext aber ein anderes Publikum mit sich. Das Stück ist schon ein bisschen darauf angelegt, dass das Publikum aktiv und laut ist. In Gießen haben die Leute Popcorn mitgebracht und mit allen möglichen Sachen geworfen, angelehnt an die "Rocky Horror Picture Show". Ich bin gespannt, wie es beim Münchner Publikum ankommt.
In der Musiktheater-Welt fehlt der Raum, mit verschiedenen Formen und Arbeitsweisen spielen zu können
Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr erfahren habt, dass ihr zu "Radikal Jung" eingeladen seid?
Anna: Nach einer Vorstellung im SchwuZ hat mir Florian Fischer vom Kurationsteam auf Instagram geschrieben und erstmal dachte ich, ist das jetzt so wie Scam oder so? Wir wussten ja nicht, dass jemand bei der Show in Berlin da war. Aber dann haben wir uns natürlich total gefreut, auch wenn ich es immer noch nicht so richtig glauben kann.
Maret: Ja, es ist ein bisschen surreal, weil auch Leute eingeladen sind, die wir bewundern und die uns in unseren Arbeiten geprägt haben.
Was regt euch an Theater, wie es gerade gemacht wird, auf? Was würdet ihr ändern?
Anna: Ich finde, für die Zugänglichkeit ist es wichtig, sich neue Geschichten und Charaktere auszudenken, nicht nur Romane zu adaptieren. Und es sollte mehr narrative queere Geschichten geben, die nicht versuchen, dem Publikum in einem politischen Diskurs moralisierend etwas beizubringen.
Friederike: In der Musiktheater-Welt fehlt der Raum, mit verschiedenen Formen und Arbeitsweisen spielen zu können. Es gibt zumindest in Stadt- und Staatstheatern keine Schnittmenge zwischen Musical und Postdramatik in der Produktion und Ästhetik. Da ist ein großes Potenzial, das man ausbauen könnte. Und natürlich Machtstrukturen.
Maret: Man sollte versuchen, Leuten nicht nur zuzuhören, sondern sie zu integrieren. Und für mich bezieht sich Zugänglichkeit auch auf Sprache. Oft sitze ich in einem Stück und habe das Gefühl, ich darf nur die Hälfte verstehen. Aber so kann man Menschen nicht erreichen oder zusammenbringen. Es braucht auch nicht nur ein Ding, das sich ändern muss, sondern es braucht Mut, neue Dinge zu wagen und neue Leute an die Theater zu holen. Wir haben uns etwas gewundert, dass nicht noch mehr junge Menschen wie wir zu diesem Festival eingeladen wurden oder Menschen, die noch nicht in der Theaterwelt etabliert sind. Da kann sich noch ein bisschen was ändern.
Mehr zur Autorin
Svenja Plannerer, geboren 1996, ist Psychologin, Autorin, Kulturjournalistin und sehr neugierig. Ihre letzten Abenteuer führten sie zur Buchbinderei und zur koreanischen Sprache, die sie gerade versucht zu lernen.